Reisetagebuch Vietnam 1. bis 30. September 2002
1. September
Für heute hatte ich mir vorgenommen, einmal Kulturtourist zu sein und die Altstadt von Hoi An, Weltkulturerbe der UNESCO, zu erkunden.
Für das Betreten der Altstadt soll man ein Ticket kaufen, das den Touristen dann berechtigt, sich 5 Sehenswürdigkeiten anzusehen: eines von 3 Museen, eins von 4 erhaltenen alten Häusern, eine von 3 religiösen Veranstaltungshallen, ein Musikkonzert oder wahlweise einen Handwerksbetrieb sowie die alte Japanische Fußgängerbrücke oder einen Tempel. Dieses System ist höchst seltsam und bemerkenswert, denn erstens wird niemand, der nur die Bars der Altstadt besuchen will, ein solches Ticket kaufen, und zweitens stellt sich die Frage, warum man nur genau eine Sehenswürdigkeit von jeder Sorte besuchen darf. Vielleicht nach dem Motto: kennt man eins, kennt man alle, aber ich hoffe doch, daß dies nicht die herkömmliche Art ist, sich das Weltkulturerbe anzusehen. Die meisten der Ausländer scheinen sowieso mehr an den Schneiderläden interessiert und kümmern sich wenig um die Stadt.
Als ich mein Ticket kaufte, ließ ich mir von der freundlichen Verkäuferin den Weg zu einem der Museen auf der Karte erklären, aber sie wußte weder, wo wir uns befanden, noch wo man hinmußte, was sie alles nicht davon abhielt, mir genau und bestimmt einen fiktiven Weg auf der Karte zu weisen. Das Hoi An Museum hatte leider geschlossen, weswegen ich mir dann ein wenig alte Keramik anschaute in dem Museum, das diesem Thema gewidmet war. Dann ging ich weiter zur Japanischen Brücke, die überdacht ist, so daß man im Regen dort Zuflucht finden kann, was sehr sinnvoll ist in diesen Breiten. Schließlich besuchte ich noch eine prachtvolle chinesische Versammlungshalle sowie eines der alten Häuser, das vom Bauboom verschont wurde und, wie der Besitzer erklärte, Elemente vietnamesischer, chinesischer und japanischer Baustile aufwies.
Am Abend dann irrte ich durch die Altstadt auf der Suche nach einem bestimmten Restaurant, das ich nicht finden konnte. Es regnete immer mehr, und ich wurde immer nasser, bevor ich mich schließlich für ein Lokal an der Uferpromenade entschied.
2. September
Tag der Unabhängigkeitserklärung in Vietnam, was man mit Ausnahme der Plakate und der Fahnen, die im Abstand von 10 Metern die Straßen schmücken, höchstens noch am Verkehr merken konnte, denn die Straßen der sonst eher schläfrigen Stadt waren voll mit müßigen Motorradfahrern, die wohl ihren Feiertag mit sinnlosem Herumfahren zu verbringen gedachten. Ich selbst war auch mal wieder faul, fuhr am Nachmittag mit dem Fahrrad zum Strand und wurde nach einer Weile vom Regen vertrieben, so daß ich ein weiteres Mal durchnäßt im Hotel ankam.
Meiner Freundin Diana ist es gelungen, einen Flug nach Saigon zu bekommen. So wird sie mich am 27. September besuchen, das heißt, bis dahin sollten wir fertig sein mit unserer Studie im Park. Dies ist auch in etwa der Tag, an dem wir, unser bisheriges Arbeitstempo zugrundegelegt, das Ende unserer Arbeit erwarten.
3. September
Am Nachmittag verabschiedete ich mich von Hoi An und fuhr zurück in den Park.
Seltsamerweise waren nur noch 8 ausländische Touristen in dem großen Bus, es scheint, als sei die Tourismussaison vorbei oder zumindest nicht mehr auf ihrem Höhepunkt.
Zurück im Park schien es gar nicht mehr so heiß zu sein wie sonst so oft. Mit Liesje tauschte ich noch eine Weile die Neuigkeiten des Wochenendes aus, den Rest des Abends verbrachte ich lesend. Tom saß wohl gerade im Bus, der ihn aus Nha Trang zurückbrachte über die unebenen Straßen, und ich war froh, ein komfortables Bett zum Schlafen zu haben.
4. September
Den ganzen Tag über war es angenehm unheiß, auch wenn man es beim besten Willen nicht kühl nennen konnte. Dafür regnete es am Nachmittag heftig, so heftig, daß ich nur durch die Pfützen rennen konnte, um vom Büro zum Gasthaus zu gelangen, anstatt sie zu umgehen. In diesem Regen kam auch Tom zurück aus Nha Trang, da war er auf dem Moped, mit dem man das letzte Stück bis zum Park fährt, schön naßgeworden. Man merkt, daß die Regenzeit vor die Tür steht, und Bach Ma ist einer der feuchtesten Orte Vietnams. Wir dürfen gespannt sein, was uns erwartet. Abends gab es dann wieder unsere Mittwochsnudeln bei Liesje.
5. September
Am zeitigen Abend liefen wir noch ein wenig ins Dorf, um unsere Fotos von der Reisernte zu schießen. Leider war, wie fast schon erahnt, alles bereits vorbei. Der Reis lag zum Trocknen vor den Häusern, die Wasserbüffel waren verschwunden. Als dann noch der Regen einsetzte, kehrten wir um und liefen über Friedhöfe, die die Hälfte des Dorfes auszumachen scheinen, zurück nach Bach Ma.
Abends spielten wir mal wieder ein wenig Federball, barfuß, so daß die Füße immer blauer wurden vom Untergrund der Halle, aber unser Spielniveau steigt langsam an. Linh weilt seit gestern auf einem 3-monatigen Lehrgang in Hue, von dem Liesje erst einen Tag vorher erfahren hat und dann auch nicht von Linh, ihrem Chef, selbst. Kein Wunder, daß sie gern wegmöchte und nicht so gut mit ihm klar kommt.
6. September
Seit gestern bekommen wir öfters Tee serviert, was wohl daran liegt, daß wir nuoc da bestellt haben, Eis, aber dummerweise das Wort für Tee in unserer Gegend hier genauso klingt. Auch wenn Mrs Lee von der Kantine mit freundlichem Lächeln zu erklären versucht, daß es einen Unterschied gibt und dabei die Worte ständig wiederholt, ich höre ihn nicht heraus. Aber man hätte auch statt Tee viel Schlimmeres bekommen können.
Nach dem Abendessen packten wir unsere Rucksäcke und machten uns auf den Weg nach Hanoi, wo wir die nächste Woche verbringen wollen, um noch etwas vom Land zu sehen und ein paar Bekannte von ASA zu treffen, außerdem möchte ich mir ein Bild von einem der anderen Nationalparks machen, um besser mit Bach Ma vergleichen zu können. In Cau Hai nahm uns ein Bus mit vietnamesischen Reisenden auf. Wir bekamen in dem Bus sogar noch einen Sitzplatz. Nachdem wir in Hue am Busbahnhof herausgelassen wurden, legten wir die letzten Kilometer per Motorradtaxi zurück, was mir im dichten Verkehr nicht so geheuer war, wenn der Fahrer durch die Lücken zwischen anderen Fahrzeugen schoß.
Den Aufenthalt in Hue nutzte ich, um ein Flugticket zu kaufen von Hue nach Ho-Chi-Minh-Stadt, wo ich Diana in 3 Wochen vom Flughafen abholen werde. Um 18 Uhr ging es los in Richtung Hanoi. Der Bus war sogar recht komfortabel. Nach 30 Minuten, die wir brauchten, um alle Passagiere von ihren Hotels einzusammeln, und 90 Minuten Fahrt hielten wir an einer dieser Abfüllstationen für das Abendessen mit ihrem lieblosen Touristenangebot. Zum Glück hatte ich bereits in Hue gegessen.
7. September
Nach dem Abendessen fuhr der Bus dann durch bis nach Hanoi. Mein Sitznachbar, ein älterer Vietnamese, zeigte während der Fahrt auf meinen Discman und bat mich damit, auch einmal hören zu dürfen. Ich weiß gar nicht, ob es ihm letztendlich gefallen hat. Ein wenig gelang es mir auch zu schlafen, obwohl es nichts besseres gibt als ein Bett.
Als wir gegen 5 Uhr 30 wieder hielten und unsere Taschen ausgeladen wurden, dachte ich erst, wir müßten den Bus wechseln, statt dessen waren wir bereits da, obwohl ich immer von einer 16stündigen Fahrt ausgegangen war. Wir fragten nach der Straße, in der Ramona, Sandra und Knut wohnten, die drei, die uns ein Obdach angeboten hatten, aber man sagte uns natürlich nur, es sei "very far", und es wäre viel besser, wenn wir gleich hier im Hotel bleiben würden. Aber so weit war es gar nicht, fanden wir dann heraus.
Wir überquerten die Bahnschienen, die knapp zwischen 2 Häuserzeilen hindurchführen, liefen durch ein paar Straßen, die in Hanoi angenehmerweise einmal nicht alle rechtwinklig angeordnet sind, sondern wie in einer richtigen Stadt, und entschlossen uns dann, bei den dreien (KnuRaSa) schon zu dieser frühen Stunde anzurufen, um nicht länger mit dem ganzen Gepäck durch die Stadt eilen zu müssen, obwohl es, dafür, daß es schon um 6 war, noch sehr ruhig erschien auf den Straßen. Ramona, die vorgab, Frühaufsteherin zu sein, war so nett, uns zu empfangen.
Den Vormittag verbrachten wir mit Gesprächen über unsere Projekte. KnuRaSa gaben Deutschunterricht an einer Hanoier Universität, und es schien ihnen auch zu gefallen. Mein erster Eindruck von Hanoi ist jedoch, daß ich hier gar nicht mehr in Vietnam bin im Gegensatz zu Bach Ma, wo wir täglich mindestens zweimal unsere Reisschüsseln leeren, während es hier ständig Strom gibt, Internetcafés und Supermärkte direkt neben der Wohnung und all diese Sachen, die zu einer Großstadt gehören, naja, zumindest einige. Selbst die deutschen Stecker funktionieren in den Steckdosen. Also: eine ganz andere Erfahrung, denn selbst Hue ist ja eigentlich eher ein Städtchen.
Am Nachmittag statteten Tom und ich der Altstadt einen Besuch ab, wo wir schließlich im deutschen Kaiserkaffee landeten, betrieben von Vietnamesen mit Deutschland-Erfahrung, wo der Fleisch-aber-nicht-Wurst-Vegetarier Tom eine Bratwurst verdrückte. Die vielen Gassen der Altstadt sind relativ eng, dafür aber vollgepackt mit Mopedverkehr und Verkaufsständen. Hanoi ist auch frei von gesichtslosen Hochhäusern, was der Stadt sehr zum Vorteil gereicht.
Schließlich trafen wir die anderen drei an der The Huc, der Brücke zur aufgehenden Sonne, die zum Jadeberg, einer Insel im Hoan-Kiem-See, führt.
Der See, direkt an der Altstadt, ist wohl das eigentliche Zentrum Hanois, dessen Lage zwar beeindruckt, aber von Naturnähe kann man nicht sprechen. Das gesamte Ufer ist eingefaßt und befestigt, und wenn ich in irgendeinem Land der Welt erwarten würde, daß auf einem Parkteich nicht eine einzige Ente schwimmt, dann in Vietnam, und so ist es auch. Einmal meinte ich doch eine zu sehen, aber es war nur Müll, der auf dem See trieb.
Für den Abend hatten wir uns vorgenommen, einen Heavy-Metal-Club zu besuchen, aber unter der angegebenen Adresse fanden wir nichts. So blieb uns nur das New Century, Hanois In-Disko. Man sollte meinen, es gibt mehr und bessere Arten, den Abend in Hanoi zu verbringen, als daß man eine stupide Technodisko besuchen müßte, in der Mafialeute und Kapitalisten Cohibas und Remy Martin zusprechen als Zeichen und Ikonen ihres Status. Das ist doch eher eine Sozialismus-Parodie und lediglich als solche zu ertragen, aber halb 12 verabschiedete ich mich zusammen mit Ramona und Sandra, denen es ebensowenig gefiel wie mir.
Der Vormittag war ziemlich schnell vorüber, was kein Wunder ist, wenn man erst um 11 Uhr ausgiebig frühstückt mit allem sonst unerreichbaren Luxus wie wohlschmeckenden Baguettes, Butter, Honig und Marmelade. Die Wohnung der drei befindet sich in einer Straße, in der fast überall Mopeds gewaschen werden, denn die Gewerbe sind wie in Saigon meist straßenweise angeordnet.
Am Nachmittag stellte Sandra dann für Tom und mich ein kleines Kulturprogramm zusammen.
Das erste Ausflugsziel war das Ho Loa-Gefängnis, Hanoi-Hilton genannt, jetzt ein Museum, dessen flache Baracken in seltsamem Kontrast zum neuerbauten Hanoi Tower stehen, ein Hochhaus, das sich direkt dahinter, noch auf dem Gelände des ehemaligen Gefängnisses befindet. Es wurde von den Franzosen benutzt, um aufmüpfige Vietnamesen einzusperren, was später dann die Hanoier mit amerikanischen Soldaten taten. Fotos von einigen Piloten, die dort - laut den erklärenden Schildern - gut behandelt worden waren, hingen in einem der Räume, unter ihnen US-Senator Joseph McCain, der Vorwahlgegner des späteren Präsidenten George W. Bush im Jahre 2000. Die vietnamesischen Soldaten wurden natürlich von den Franzosen weit weniger gut behandelt. Um dies zu unterstreichen, stehen 2 Guillotinen noch so im Gefängnis, als wären sie jederzeit einsatzbereit. Ansonsten fand ich den Aufbau des Museums etwas seltsam: Originaltüren, -steine, -geschirr wurden ausgestellt, aber kaum Details, wenig über die Insassen der Anstalt, es sei denn über ihre Taten für die Partei.
Danach fuhren wir mit dem Taxi zum Ho-Chi-Minh-Museum. Das Mausoleum ist leider geschlossen, da der Leichnam zur Auffrischung in Moskau weilt. Wenn man den Prachtbau des Museums sieht, will man kaum glauben, daß der Großteil der Vietnamesen in Hütten lebt. Das Museum ist aber unbedingt einen Besuch wert. In einer Etage wird ohne erkennbaren roten Faden über Leben und Taten des Ho Chi Minh berichtet, vor allem mit Dokumenten, während die obere Etage weniger ein Museum ist als eine Erlebnisausstellung voller Kunstwerke mit schräger sozialistischer Symbolik, die gleich mit auf Informationstafeln erläutert wird, sonst würde sie sich wohl kaum erschließen. Meine Favoriten waren aber die Spiegellabyrinthe, die jeweils eine Zeitepoche, die Ho Chi Minh durchlebte, popart-mäßig darstellten, indem Automobile oder Kriegsbilder über der Spiegelfläche klebten.
Am Abend trafen wir dann die beiden anderen ASAten, die zur Zeit ebenfalls in Hanoi weilten, Arne und Petra, in ihren mondänen, aber unmöblierten Zimmern im schicken Quartier Francaise. Später dann gingen wir noch ein wenig zum Federballspielen in den Park, was aber ohne Netz nicht wirklich sinnvoll war.
9. September
Da ich nur eine Woche in Hanoi bleiben kann und es in der Stadt selbst sowohl als auch in der Umgebung so viele interessante Plätze gibt, die einen Besuch lohnen, muß ich auswählen, wohin ich gehe, und habe so eine 3tägige Tour zum Cat Ba Nationalpark gebucht, was natürlich auch für unsere Arbeit an der Studie relevant ist, denn so kann ich Bach Ma mit einem anderen vietnamesischen Nationalpark vergleichen.
Um 7 Uhr sollte es losgehen mit dem Bus, und eine Stunde später fuhren wir tatsächlich. Die Fahrt aus Hanoi heraus zog sich gar nicht so endlos lang dahin wie in Ho-Chi-Minh-Stadt, kein Wunder auf dem breiten Highway, den die Regierung der Stadt spendiert hat. Überhaupt scheint hier viel mehr öffentliches Geld ausgegeben zu werden.
Weiter ging es dann in Richtung Küste. Wir hielten zwischendurch an einer Behindertenwerkstatt, aber da man dieselben Souvenirs in Hanoi für ein Zehntel des Preises erwerben kann und Zweifel an der Echtheit solcher Einrichtungen ohnehin angebracht sind, hielt ich Abstand vom Einkauf irgendwelcher Sachen - mit Ausnahme der Eiscreme, die in Vietnam generell ziemlich gut schmeckt, egal was die Reiseführer über den Genuß von Eis auch schreiben mögen.
Irgendwann erreichten wir Halong City, von wo aus wir die Fahrt mit dem Schiff fortsetzten. Die Tausende von Inseln, die sich steil aus dem Wasser der Halongbucht emporhoben, Kalksteinberge, die mal mehr, mal weniger von dichten Sträuchern bewachsen sind, bieten einen phantastischen Anblick. Jede einzelne der Inseln fasziniert, wenn man schon allein ihre Form betrachtet: die steilen Wände, die senkrecht fast ins Wasser ragen oder auch zum Teil vom Wasser unterspült sind. Sträucher wachsen dort, deren Wurzeln in Felsspalten Halt gefunden haben.
Jede kleine Insel hat eine eigene Persönlichkeit, und alle gemeinsam ergeben zusammen mit dem Blau des Ozeans eine atemberaubende Landschaft. Dann und wann fährt man an schwimmenden Dörfern vorbei, und gelegentlich leben sogar Hunde dort. Über den Berghängen kreisen Schwarze Milane (Black Kite).
Wir stoppten an einer der Inseln, um uns zwei Höhlen im Inneren der Berge anzusehen, deren imposanter Anblick allerdings geschmälert wurde durch den Kitsch, den die Vietnamesen mit der bunten Beleuchtung an den Wänden trieben. Aber Kitsch ist beliebt, wovon auch die vielen idyllischen Gemälde, die Figürchen in den Souvenirläden und auch die ultra-sanfte Musik in den Reisebussen zeugen.
Während mehrerer Stunden zogen immer neue Inselberge an uns vorbei, und einmal unterbrachen wir die Fahrt, um im herrlich grün-blauen Wasser schwimmen zu gehen. Leider war der Salzgehalt enorm, aber so konnte man sich für eine Weile regungslos auf dem Wasser treiben lassen. Gegen Abend schließlich erreichten wir Cat-Ba-Stadt auf der Insel gleichen Namens. Die Stadt bot einen denkbar großen Kontrast zu den malerischen schwimmenden Dörfern, von denen eines auch der Stadt vorgelagert ist. Über eine unfertige Straße, die mit purer Gewalt der felsigen Landschaft aufgezwungen wurde, brachte man die Reisenden zu einer langen Reihe gesichtsloser, mehrstöckiger Hotels, die der gesamten Schönheit der Insel und der Halong-Bucht spotteten.
In eines dieser Hotels wurde ich einquartiert, da ich allein unterwegs war, bekam ich noch einen vietnamesischen Reisenden zum Zimmergenossen, dessen Französisch deutlich besser war als sein Englisch, während Kenntnisse des ersteren bei mir nicht in nennenswertem Umfang vorhanden sind, was unsere Unterhaltung zwar erschwerte, aber nicht unmöglich machte. Das Hotel war wohl vor allem billig, das Essen war einfach, was keineswegs schlecht bedeutet. Der Service des Personals ließ den Gästen viel Raum zur Eigeninitiative. Mit einigen Unterhaltungen nach dem Abendessen endete der Tag, die lauten Diskotheken am Ort lockten mich wenig.
10.September
Am zweiten Tage des Ausflugs nach Cat Ba stand eine 12km-Wanderung durch den gleichnamigen Nationalpark auf dem Programm. Dank der unerklärlichen Kostensenkungsstrategien der Veranstalter fand sich unsere Gruppe in einem viel zu kleinen Reisebus gequetscht, der alle zum Nationalpark brachte.
Dann liefen wir los: mit 35 Leuten in der Gruppe kaum ein Naturerlebnis, aber ein individueller Ausflug wäre aufgrund der Abgeschiedenheit des Parkes etwas kompliziert gewesen.
Der Sinn der Wanderung blieb mir verborgen. Die Natur weckte wenig Interesse bei den Ausflüglern, da erstens kein Führer auf die Idee kam, Tiere zu zeigen oder auch nur vorzustellen, und über die Pflanzen wurde auch nichts gesagt. Im Wandern konnte der Sinn auch nicht liegen, dafür war der Weg zu steil und anspruchsvoll, was sicher nicht jedermanns Geschmack ist. Ich hatte den Eindruck, es war Ziel der Wanderung, möglichst auf viele Hügel zu steigen, um dann auf der anderen Seite wieder herunterzuklettern. Angenehmerweise bewegten wir uns stets im Schatten, dafür hatte man aber auch von keinem Punkt aus eine Aussicht auf das Meer, lediglich die Bäume und Pflanzen am Wegesrand waren zu sehen, während der Lärm der Gruppe und die über der Insel liegende Sommerhitze dafür sorgten, daß man kaum Leben wahrnahm. Man konnte die Wanderung als solche dennoch genießen, vor allem, wenn man sie im Nachhinein betrachtet, wenn die Strapazen hinter einem liegen. Doch leider sehe ich den Zweck eines Nationalparks nicht darin, Wege für Gewaltmärsche von Touristengruppen bereitzustellen.
Auf der Insel leben noch, versteckt im Inneren, die letzten der endemischen Cat-Ba-Languren, auf deren Existenz man nicht einmal hingewiesen wird, abgesehen von einem Schild in der Touristenstadt, auf dem man gewarnt wird, die Tiere nicht zu verspeisen, als wenn das der einzige Grund ihres wahrscheinlichen Aussterbens wäre, denn der Tourismus leistet seinen eigenen Beitrag, indem er dafür sorgt, daß jeder Quadratmeter ebenen Landes auf der Insel bebaut wird.
Nach 3 1/2 Stunden erreichten wir schließlich ein malerisches Tal mit Reisfeldern und einem Dorf, das nach allen Seiten von Bergen umgeben war. Dort erhielten wir ein spätes Mittagessen und liefen dann weiter zum Boot. Ich wunderte mich, wie wir aus dem Tal wieder herausgelangen sollten, aber man hatte kurzerhand einen Tunnel durch einen der Berge getrieben. Unterwegs sah ich einige Dschungelkrähen, und vom Boot aus, mit dem wir dann wieder durch diese zauberhafte Landschaft der Berginseln fuhren, konnte ich einen Mangrovereiher (Little Heron) beobachten, der am Ufer auf einem flachen Felsen auf Fische lauerte.
Wir hatten wieder Gelegenheit, eine Weile das Baden im Wasser zu genießen, während das Schiff ankerte, und gegen Abend, als die Sonne bereits tief am Himmel stand, erreichten wir wieder den Hafen.
11. September
Abschied von Cat Ba. Mit dem Schiff ging es in einer mehr als 3stündigen Fahrt zurück zum Festland. Natürlich hielten wir noch einmal an, um ein wenig schwimmen zu gehen, wohl eines der schönsten Erlebnisse während des Ausfluges. Nicht weit von uns stand ein Riffreiher (Pacific Reef Egret), der aber vor uns floh. Später dann gab es noch ein köstliches Mittagessen an Bord, bevor wir in den Bus stiegen, um den ganzen Weg bis nach Hanoi zu fahren.
Dort angekommen, traf ich nur Tom an, während die anderen noch an der Universität weilten. Gegen Abend trafen wir uns zu acht, fast alle Hanoier ASAten, in der kleinen Wohnung von KnuRaSa und plauderten bis in die späte Nacht.
12. September
Eigentlich hatte ich für den heutigen Tag in Hanoi noch ein wenig ein kulturelles Programm geplant, aber der Vormittag verstrich, ohne daß ich etwas wesentliches verbracht hätte.
Erst gegen Mittag machte ich mich auf den Weg in die Altstadt, wo ich mir zwar die Kolonialgebäude in den alten Vierteln ansah, aber auch viel Zeit in den Touristenstraßen und, ich gestehe, im Einkaufszentrum mit den angeblich einzigen Rolltreppen Hanois verbrachte.
Dafür stand am Abend noch ein Höhepunkt auf dem Programm: ein Besuch im Wasserpuppentheater. Im strömenden Regen machten wir uns auf die Suche nach einem Taxi, die bei diesem scheußlichen Wetter natürlich alle bereits Fahrgäste hatten. Schließlich, bereits ordentlich durchnäßt, gelang es uns doch, ein freies Taxi anzuhalten, und wir hatten Glück, daß Tom, der sich, bevor der Regen einsetzte, entschieden hatte, den halbstündigen Weg zu Fuß zurückzulegen, uns vorher noch gesagt hatte, wie das Wasserpuppentheater in Vietnamesisch heißt, denn sonst hätte der Taxifahrer uns nicht verstanden. Mit vereinten Kräften entsannen wir uns der Worte: mua roi nuoc.
Im Theater war es natürlich dank der Klimaanlage furchtbar kühl. Der ständige Wechsel zwischen heiß und kalt greift allmählich meine Gesundheit an. Dafür bot sich uns ein wunderbares Schauspiel: Die Puppen bewegten sich, untermalt von traditioneller Musik, auf aberwitzigen Bahnen durchs Wasser, drehten sich, tanzten und sprangen in einer Weise, daß man eine ausgetüftelte Computertechnik am Werke meinte anstelle der armen, aber genialen Puppenspieler, die hinter dem Vorhang im Wasser standen.
13. September
Heute nun wieder ein Kulturprogramm, selbst wenn ich gar nicht mehr weiß, wohin schon wieder der Vormittag entschwunden ist bei all den Zerstreuungen, die sich hier bieten, denn als ich mich auf den Weg machte, ging es bereits auf Mittag zu.
Der Literaturtempel, in dem einst die Prüfungen für angehende Mandarine abgehalten wurden, war noch zu Fuß von der Wohnung aus zu erreichen. Zu den weiteren Sehenswürdigkeiten ließ ich mich per Mopedtaxi fahren. Ich suchte nach dem Botanischen garten, fand ihn aber nicht so recht.
Was ich fand, war das Wrack eines B52-Bombers in einem kleinen Tümpel mitten im Wohngebiet. Auf diese Kriegsbeute sind die Hanoier sehr stolz, und man ist geneigt, ihnen das zu gönnen, aber dabei schleicht sich der Gedanke ein, daß in diesem Flugzeug ja auch Leute gesessen haben, die wohl im besten Falle im Hanoi Hilton gelandet sind, aber danach sieht das Flugzeug eigentlich nicht aus.
Aus meinem Besuch im Armeemuseum wurde leider nichts, da es freitags geschlossen ist, was mir mein Mopedtaxi-Fahrer vornehm verschwieg, um so an eine weitere Fuhre zu kommen, aber den Gefallen tat ich ihm nicht. Ein anderer brachte mich zum schön eingerichteten Frauenmuseum, von dem ich mir Aufklärung erhoffte über eine Frage, die mich schon länger beschäftigt, nämlich wie eine Gesellschaft, deren Anfänge nach der Überlieferung matriarchalisch waren, sich in der heutigen Zeit selbst betrachtet. Leider zeigten die meisten Ausstellungsstücke ("der Blumentopf, unter dem die Heldin im Krieg geheime Nachrichten versteckte") eher, was Frauen eigentlich genauso gut wie Männer können und weniger von ihren Eigenheiten. Die obere Etage war dem Thema "Frauen und Schönheit" gewidmet, ein vollkommen unerwarteter, angenehm unemanzipatorischer Ansatz, in dessen Zentrum ja die Frage stand, wie die Frauen in der männlichen Wahrnehmung am besten abschneiden können.
Abends trafen sich alle Hanoier ASAten zu neunt in einem vietnamesischen Lokälchen vor der Kathedrale, und es wurden Erfahrungen ausgetauscht.
Mit Neid blicke ich auf alle, die noch soviel Zeit im Lande vor sich haben. Den Schlußpunkt setzte ein Besuch im nunmehr renovierten "Apocalypse Now", der zweiten Hanoier In-Diskothek. Auf dem Weg dahin tranken wir, gegen halb 12, noch ein Bier in einer der Garküchen, wo wir warteten, bis der einzige auffindbare Taxifahrer sein Abendessen verspeist hatte, als ein Polizeiauto auftauchte. Sofort gingen in der Garküche die Lichter aus, und hastig wurde alles zusammengepackt. Da hatte wohl jemand nicht die Polizei bezahlt, um die Sperrstunde umgehen zu dürfen.
Das Apocalypse Now machte einen angenehmeren Eindruck als das New Century. Zwar vergnügten sich auch dort mehr Europäer als Einheimische, aber das liegt zum Teil vielleicht auch daran, daß für die meisten, die früh um 5 schon wieder topfit sind, inzwischen Schlafenszeit ist. Keine Spießeratmosphäre, die sonst die Neokapitalisten verbreiteten, und angenehmere Musik machten diese Disko zu einer Alternative für einen Abend in Hanoi.
14. September
Dies ist der letzte Tag in Hanoi, denn um rechtzeitig wieder im Park zu sein, müssen wir den Samstag-Abend-Bus nach Hue nehmen. Ich unternahm gar nicht mehr allzuviel und schaute mir noch ein wenig die Stadt an.
Am Nachmittag, als Tom, Knut und ich in einem Café saßen, ging einer dieser Platzregen herunter. Wir beobachteten, wie die nahe Kreuzung, die eben noch belebt war, im nächsten Moment fast menschenleer vor uns lag.
Nur die Verkäuferinnen sicherten eilig ihre Waren vor dem Regen und dem steigenden Wasser. Da es so schnell nicht aufhörte zu regnen, fuhren wir mit dem Taxi durch die engen Straßen zu einem Restaurant, in dem wir zusammen mit Sandra und Ramona unser letztes gemeinsames Abendessen zu uns nahmen. Danach verabschiedeten wir uns voneinander, und Tom und ich warteten auf den Bus. Der erste Bus, in den wir verladen wurden, stellte sich als zu klein heraus, aber nach einem Buswechsel und endlosen Runden durch die Stadt, um die Mitreisenden von ihren Hotels abzuholen, nahmen wir Fahrt in Richtung Süden auf.
15. September
Glücklicherweise waren einige der Reisenden aus unserem Bus ausgestiegen, als wir die trockene Halongbucht erreichten, so daß ich von da an die Rückbank im Bus nur noch mit einem anderen Touristen teilen mußte, was mir immerhin eine so angenehme Nachtruhe erlaubte, daß ich unseren Zwischenstopp, zum Abendessen, erst nach einer Weile bemerkte, als ich nämlich schweißgebadet erwachte, denn die Klimaanlage war natürlich abgestellt. Die Fahrt zog sich hin, aber halb 10 am Morgen erreichten wir doch noch das gute alte Hue, wo es eigentlich nicht viel zu tun gab, um die 4 Stunden zu überbrücken, bis unser Bus zum Park abfuhr. Ich kämpfte gegen meine Müdigkeit, gönnte mir eine letzte westliche Mahlzeit, dann fuhen wir los, kaum mehr als eine Handvoll Leute im großen Bus.
Im Park war natürlich noch alles beim alten, und es war gerade einmal 18 Uhr, als ich in tiefen Schlaf versank.
16. September
Nachdem ich in der Nacht nur einmal aufgewacht war, um zu duschen und mich umzukleiden, bereitete es mir keine Mühe, bis um 6 Uhr morgens durchzuschlafen. Dann aber zog es mich hinaus in den Wald. Nachdem das Stadtleben hinter mir lag, wollte ich auch wieder unsere Natur hier genießen, die ich im Zweifelsfall dann doch vorziehe, so schön es in Hanoi auch gewesen ist. Im Wald begegneten mir Weißhaubenhäherlinge und Spatelbaumelstern. Neben der Straße im Gebüsch gackerte eine wilde Henne, aber dort im dichten Unterwuchs war sie einfach nicht auszumachen, und sie machte sich wohl über mich lustig. Die Pflanzen stehen ja viel zu dicht, und das Gelände ist zu steil, um die Straße zu verlassen.
Nach meinem kleinen Spaziergang war ich bereit, mich wieder in die Arbeit zu stürzen. Allmählich biegen wir in die Zielgerade mit der Arbeit an unserer Studie, auch wenn noch einiges zu tun bleibt. Die Regenzeit scheint nun wirklich begonnen zu haben, denn man muß ständig mit Schauern rechnen. Dafür ist es aber auch so kühl, daß man beim Schlafen jetzt eine leichte Decke braucht. Wie angenehm.
17. September
Am Himmel zeigte sich heute mal ein großer Vogelschwarm. Es waren Schwalben, vielleicht Kaschmirschwalben auf dem Durchzug. Davon abgesehen vergeht die Zeit zwischen Regenschauern, Stromausfällen und der Arbeit an der Studie.
18. September
Im Garten hinter unserem Haus ließ sich heute ein Strichelschneidervogel (Darknecked Tailorbird) blicken. Wenn man so über das Wetter nachdenkt, ist es doch eine gute Sache, daß wir uns am Ende der nächsten Woche vom Park verabschieden, wenn unsere Studie fertig ist. Es mag zwar jetzt angenehm kühl sein, aber ich kann mir nicht vorstellen, wie man mehrere Monate in dieser Nässe zubringen kann. Bereits jetzt ist es unklug, überhaupt ohne Regenschutz das Haus zu verlassen, selbst wenn es gerade einmal nicht regnet. Zum Glück habe ich mein Regencape. Seit Tagen schon habe ich den Berg nicht mehr gesehen, man ahnt nicht einmal, daß hinter all den dicken, tiefhängenden Wolken sich ein Berg versteckt.
19. September
Irgendwo am Himmel inmitten der Wolken hat die Sonne heute ein Loch gefunden, durch das sie scheinen kann. Welch eine willkommene Abwechslung! Nach dem Mittagessen versuchten wir, Arrangements für unsere Good-Bye-Party zu treffen, oder wie Hung, der Herr über die Kantine, das nennt: See-you-later-Party. Ich bin immer wieder überrascht: sein Englisch-Wortschatz ist zwar klein, aber erlesen. In einer Woche soll die Party stattfinden, und wir würden noch gern die Ergebnisse unserer Arbeit vorstellen, denn deshalb sind wir ja hier, aber zur Zeit sieht es so aus, als wären Herr Thinh, der in Deutschland ist, und Linh, dessen Parteikurs in Hue noch immer andauert, nicht die einzigen, die dann nicht da sind: Herr Keo wird nach Hanoi fahren müssen, und sein Stellvertreter, Herr Nhon, wurde soeben zu einem zweijährigen Kursus geschickt, obwohl man sich fragt, was ein Vizeparkdirektor eigentlich so den lieben langen Tag macht, wenn er so einfach für 2 Jahre verschwinden kann. So blieben vom gut englischsprachigen Personal nur noch Minh und auch Son, der Rezeptionist und Tourguide, den unsere Arbeit über den Park eigentlich wenig interessieren dürfte.
Son ist unter all den Leute, die hier arbeiten, insofern bemerkenswert, als er den Kontrapunkt bildet zu all jenen, deren Englisch fast noch schlechter ist als mein Vietnamesisch. Daneben spricht er noch Französisch. In letzter Zeit - durch den Regen kommen kaum noch Touristen hierher, das Personal ist sichtlich gelangweilt - scheint er Wörter- und Englischlehrbücher nur so zu verschlingen. Ständig liest er laut die gleichen Wörter vor sich hin, und ich habe ihn im Verdacht, daß er das Wörterbuch von vorn nach hinten durchliest. Über den Unterschied zwischen Tom und mir sagte Son heute, ich wäre "peaceful", Tom habe, so Sons Urteil nach einem Blick in das Wörterbuch, "the glib of the gab". Welche Schlüsse man auch immer daraus ziehen soll.
Heute vormittag wurde feierlich die Stromleitung zum Gipfel eingeweiht. Leider fand die Feier dazu oben auf dem Gipfel statt, und als wir zur Arbeit erschienen (wir fangen etwas später an, sind aber immer die letzten im Büro), waren alle Mitfahrgelegenheiten bereits unterwegs.
So richtig hatte uns auch niemand unterrichtet, aber es kann sein, daß man davon ausgeht, wir hätten die Plakate und Ankündigungen gelesen, die alle in Vietnamesisch geschrieben sind. Ich hoffe nur, wir werden auch Strom haben, denn sonst dürfte sich da oben nicht viel ändern.
Am Nachmittag sah ich meine erste Schlange hier unten. Sie sah recht eindrucksvoll aus, braun und leuchtend rot hinter dem Kopf (Red-necked Keelback in Englisch).
Tom und ich entschieden uns dann noch, das halbwegs schöne Wetter zu nutzen und den Weg am Dorf Khe Su entlangzugehen, obwohl die Sonne inzwischen schon wieder hinter den Wolken verschwunden war. Nach ein paar Kilometern ereichten wir eine interessante Stelle, wo Sträucher wuchsen, dazwischen einige kleinere Reisfelder, in denen sich Drongos, Schachwürger, Bengalenkuckucke und ein wohl durchziehender Bacchusreiher (Chinese Pond Heron) aufhielten. Der Heimweg dann: naß.
Am Abend gab es mal wieder Pasta bei Liesje, was wir gestern aus Mangel an Tomaten hatten verschieben müssen.
20. September
Die Arbeit an der Studie gestaltet sich so kurz vor dem Ende sehr stressig, aber das ist wohl normal.
Am Abend, beim Kantinenessen mit Liesje und ihrer durchreisenden Vorgängerin im Park, hörten wir Trommeln im Dorf spielen, die vom Mittherbstfest kündeten. Nach einer Weile konnten wir uns selbst davon überzeugen: Ein Drache mit Löwenkopf, gebildet aus zwei Kindern, die jeweils den Part der Vorder- und der Hinterbeine übernahmen, tanzte im Rhythmus der Trommeln. Ein anderes Kind, mit dickem Bauch ausstaffiert und unter einer eindrucksvollen Maske, fächelte den Gästen frische Luft zu und verlangte dafür eine kleine finanzielle Gegenleistung. Es schien ein reines Kinderfest zu sein, und es überrascht, zu sehen, daß man in Vietnam doch besser feiern kann als bei Karaoke-Gelalle und "Bottoms up". Der Höhepunkt des Festes steht aber wohl erst morgen bevor, am Sonnabend.
21. September
Anstatt ins Wochenende zu fahren, sind wir noch ein wenig im Park geblieben, damit wir auch unsere Arbeit hier rechtzeitig beenden können. Während Liesje mit den anderen bei schlimmem Regen - Blutegel-Festtagswetter - zum Gipfel fahren mußte, um Wanderwege zu kontrollieren und zu überlegen, wo man neue ausweisen könnte, betrachteten wir das schlechte Wetter von unseren Computerarbeitsplätzen aus durchs Fenster, das heißt, nachdem wir den obligatorischen Stromausfall mit einer Partie Federball überbrückt hatten.
Son, der sonnabends arbeiten muß, ließ sich in eine politische Unterhaltung ziehen.
Ich habe den Eindruck, die Vietnamesen halten ihr Land selbst nicht mehr für kommunistisch, was ich verstehen kann, denn der Unterschied erscheint nach allem, was man hört, doch gewaltig im Vergleich zur Zeit vor Doi Moi, den Wirtschaftsreformen, die die Öffnung einleiteten. Am Nachmittag war die Luft bei unserer Arbeit dann doch raus, und wir fuhren nach Hue. Wir hatten sogar Glück, und ein fast leerer Bus der Hue Tourist Company nahm uns mit.
In Hue wollten wir hauptsächlich den Höhepunkt des Mittherbstfestes erleben.
Am Abend war die ganze Stadt voll jugendlicher Trommler, die sich in umgebauten Cyclos durch die Straßen schieben ließen, begleitet jeweils von einer Kinderschar und einem tanzenden Drachen. Manche der Gruppen hatten noch einen langen Bambusstab dabei und ein Podest an dessen Spitze, auf dem der Drache dann tanzte oder Feuer spie. Die fächernden Kinder kassierten wieder die Dong der Erwachsenen, und die Hintergrundmusik bei allem bildeten ohne Unterbrechung die lauten Trommeln.
22. September
Das Wochenende war für uns schon wieder vorbei und damit auch unser Ausflug nach Hue. Am frühen Nachmittag fuhren wir mit dem fast leeren Touristenbus zurück in den Park, wo wir noch einen arbeitsreichen Nachmittag und Abend verbrachten.
23. September
Habe ich die beginnende Regenzeit schon erwähnt? Das heißt, so richtig hat sie wohl erst heute angefangen - mit wahren Unmengen herabstürzenden Wassers. Der Himmel hat alle seine Schleusen geöffnet. Es regnet so stark, daß, als am Vormittag der Strom ausfiel, wir nicht einmal vom Büro ins Zimmer laufen konnten, um uns dort weiter zu langweilen.
Spaziergänge im Park sind wohl nicht mehr realistisch. Aber da wir nun einmal im Büro festsaßen, konnten wir auch gleich das heftige Gewitter miterleben, das sich über unseren Köpfen entlud. Es schien direkt neben uns einzuschlagen, während gleichzeitig vor dem Eingang der Wasserspiegel stieg, so daß, wo sonst der Eingang zum Besucherzentrum zu sein pflegte, sich ein veritabler See bildete.
Um 5 Uhr am Nachmittag kam der Strom zurück, was uns ein wenig Zeit noch zum Arbeiten gab, obwohl es sich nicht mehr wirklich lohnte, denn bald saßen wir im völlig Finstern und versuchten, mittlerweile doch etwas entnervt, uns tastend den Weg nach draußen zu bahnen: vom nur Dunklen ins Dunkle und Nasse. Der Weg um den See am Eingang herum war natürlich in dieser Dunkelheit nicht mehr zu finden, so daß nur der direkte Weg durchs Wasser blieb, womit ein ziemlich nutzlos verbrachter Tag, der uns mit der Studie nicht vorwärtsbrachte, sein angemessenes Ende fand.
Dies war die Art von Abend, die es brauchte, um unsere vor Wochen schon angefangene, noch immer halbvolle Flasche Reisschnaps, Nep Moi, ein gutes Stück zu leeren.
24. September
Die armen Libellen, die gestern abend in unserem überdachten, aber offenen Treppenhaus Zuflucht vor dem Regen gesucht hatten, lagen heute tot auf dem Boden. Trotzdem müssen auch viele überlebt haben, denn während der Regenpausen kann man sehen, wie einige von ihnen Eier in den vielen Pfützen ablegen.
Während ich gestern noch dachte, daß dies ein außergewöhnlich schlechter Tag für unsere Arbeit war, deren Abschluß doch so nah sein sollte, ist heute, nachdem der Strom noch kürzere Zeit da war, die Einsicht gereift, daß die Studie wohl nicht rechtzeitig fertig wird. Für uns blieb nur, den Tag lesend zu verbringen. In meiner Not griff ich sogar zu Harry Potter.
Aber wir haben noch Glück, denn weiter nördlich sind mehr als 30 Menschen in den Fluten gestorben, wurde berichtet. Im Park ist wohl wieder ein Stück Hang auf die Straße gestürzt, die nun unpassierbar ist. Aus irgendeinem Grunde hofften wir, der Strom würde wieder wie gestern um 5 Uhr zurückkommen, aber das war eine Selbsttäuschung, so daß wir unser Abendessen bei Kerzenschein zu uns nehmen mußten. Son ist jedoch schlimmer dran als wir, er muß im Besucherzentrum übernachten als Wachtposten gegen Diebe - ohne Strom, Licht oder Fernseher, der sonst fast immer läuft. Aber er sagt, er hat ein Messer unterm Kopfkissen - gegen Alpträume.
25. September
In der Nacht hat es furchtbar gestürmt, vielleicht die Ausläufer eines Taifuns, der in den vietnamesischen Nachrichten angekündigt wurde.
Der Strom ging noch eher weg als sonst, aber glücklicherweise hörte der Regen weitgehend auf am frühen Nachmittag, so daß ich später, mit dem Regencape im Rucksack, nach Khe Su laufen konnte. Im Dorf flog ein Schwarm Sittiche umher, aber ich sah sie nur im Flug, so daß ich sie nicht bestimmen konnte. Einmal sah ich einen Mandarinstar (White-shouldered Starling). Perlhalstauben begegneten mir, Rotohrbülbüls und Spatelbaumelstern. Außerdem begegneten mir etwa einhundert Kinder des Dorfes, die alle entlang der Straße spielten.
In der Nähe des Forest-Guard-Hauses, das am Ende des Dorfes steht, konnte ich allerdings nicht weiterlaufen, denn wo bei meinem letzten Besuch noch ein Weg verlief, befand sich jetzt ein Flußbett. Auch am Rand der Straße entlang floß das Wasser. An einer engen Stelle versuchte ich dennoch, auf die andere Seite zu gelangen, auf die Seite der Reisfelder, aber es lohnte sich nicht, das Wasser war überall, und als Ergebnis hatte ich nur nasse Schuhe, Socken und Füße.
Davon abgesehen bestand der Tag leider aus ausgedehntem Nichtstun. Es ist unsere letzte Woche, und das Wetter hat uns voll erwischt. Ohne Strom können wir nicht an unserer Studie schreiben. Unser Kochabend bei Liesje blieb bis zum Schluß ungewiß, aber als endlich der Strom zurückkam, legten wir sofort los. Zweimal blieb der Elektrokocher kalt, und wir saßen wiederum im Dunkeln, aber schließlich bekamen wir unser Mal doch noch zusammen.
26. September
Eigentlich sollte es mich auf keinen Fall überraschen, daß an unserem letzten richtigen Tag im Park, der eher im Zeichen unserer Abschiedsparty stand, als daß wir noch ernstlich gearbeitet hätten, der Strom wieder da ist - konstant und ohne Unterbrechung. Selbst das Wetter ist akzeptabel. Immerhin ermöglichte uns das, alles zu organiseren für die letzten Arbeiten an der Studie, die wir dann daheim erledigen müssen, was nicht so furchtbar schlimm ist, denn einige Sachen lassen sich besser als in der Einsamkeit des Parks von Deutschland aus erledigen, wo man Zugriff hat auf Internet und Bibliotheken.
Da ich so aber doch noch einige Zeit mit Arbeit verbrachte, schaffte ich es erst am Nachmittag, noch einmal ein wenig in den Park zu gehen. Das Wetter war angenehm, nicht so heiß, aber trocken, so daß ich 2 Kilometer weit die Straße nach oben lief, und wenn ich keine Verpflichtungen hätte, wäre ich vielleicht bis zum Gipfel durchgelaufen, so schön war es. Ich sah natürlich wieder Weißhaubenhäherlinge und Karmesinnektarvögel, auch einen weiblichen Tickellblauschnäpper. Nach dem Regen sieht man überall Schmetterlinge und Eidechsen. An vielen Stellen hört man das Wasser vom Berg nach unten rauschen.
Nachdem ich doch zurückgelaufen war, ging ich ans Packen, was unterbrochen wurde, als es Zeit für unsere Abschlußbesprechung mit dem Parkpersonal war, während der wir unsere leider nicht ganz fertige Studie vorstellten. Stefan, der Deutsche vom DED, hatte einen anderen Termin, aber Linh schwänzte am Nachmittag seinen Lehrgang für uns, um sich unseren Bericht anzuhören, was mich positiv überrascht hat, denn er war nicht immer so interessiert an unserer Arbeit. Der Vizedirektor, Herr Nhon, hatte, glaube ich, seinen freien Tag bei seinem Lehrgang, außerdem waren noch Liesje da, Herr Minh, der extra vom Gipfel herabkam und Hung, Linhs Stellvertreter - also alle, die gerade da waren und deren Englischkenntnisse als akzeptabel bezeichnet werden konnten. Ich fand sehr interessant, mit wie vielen Ideen man uns am Ende der Arbeit noch bombardierte. Das hätten wir uns manchmal auch schon eher gewünscht. Es scheint verschiedene Fraktionen im Park zu geben: Während Herr Keo wohl ganz viele Hotels bauen will (obwohl auch die jetzigen kaum jemals ausgelastet sind), scheinen Herr Nhon und Linh keine Hotels mehr haben zu wollen, was sie sich auch als das Ergebnis unserer Studie erhofften, damit sie diese dann als Argument gegen die Pläne der Provinzregierung nutzen konnten, denn daran waren sich dann alle einig: Die Provinz sollte keine Hotels bauen dürfen, höchstens der Park selbst.
Dies war die Besprechung, und es folgte, mit halbstündiger Verspätung, unsere Abschiedsparty. Als ich ankam, war noch niemand da, aber nach einer Weile kamen alle gleichzeitig. Eine Gruppe hatte sich im Besucherzentrum versteckt gehalten, die anderen im Wildhüterhaus. Es schien wohl irgendeine Hierarchie zu geben, nach der die Gäste zu erscheinen hatten, und man erscheint nicht tröpfchenweise.
Schließlich kamen etwas 25 Leute zusammen, und es wurde aufgetischt. Frau Lee brachte extra für Tom und mich jeweils ein Tellerchen Pommes frites. Gegen um 7 dann gingen wir als die letzten Gäste, aber das ist im vietnamesischen Rahmen. Der Alkoholkonsum hatte auch nur bei wenigen sichtlich negative Folgen, aber dennoch hatten sich alle amüsiert.
27. September
Der Tag meines vorläufigen Abschieds von Bach Ma, einmal komme ich ja noch mit Diana zurück, begann mit einem letzten Spaziergang im Park, der aber nicht sehr ausgedehnt sein konnte, denn danach traf ich mich mit Tom zum letzten Frühstück, und um 8 war ich mit Stefan und seinem Mitarbeiter verabredet, wir gingen nach Khe Su.
Dort trafen sich die beiden mit Dorfbewohnern und besprachen Pläne für ihre Arbeit. Khe Su hat keinen Elektrizitätsanschluß, so betrachtet leben wir gleich daneben im Park natürlich nur noch mehr in reinem Luxus. Für die Bewohner ist es zwar ein Nachteil, aber für Besucher ist es wunderbar: kein elektronischer Krach aus den Häusern stört den Aufenthalt, wenn man die Kinder beobachtet, wie sie die Wasserbüffel auf den engen Wegen durch das Dorf treiben, oder sich die vielen Obstgärten ansieht.
Bei unserem Besuch bei einem Dorfbewohner, um 9 Uhr früh, gab es statt Tee bereits Reisschnaps. In der Flasche schwamm etwas, das wie Bienenwaben aussah. Dann durfte ich mich im Garten umsehen. Eine Ladung frisch geernteter Betelnüsse lag auf dem Hof, hinter dem Haus lagerten Erdnüsse.
Es gab alle Arten von Obstbäumen, die Mangos reiften gerade. Natürlich gehörten auch Schweine zum Haushalt, darunter winzige Ferkel. Im Anschluß liefen wir zur nahegelegenen Schule, wo ich endlich meine aus Deutschland mitgebrachten Überraschungsei-Figuren verteilen konnte und dafür Blicke aus dankbaren Kinderaugen zurückerhielt.
Zurück ging es wieder über die furchteinflößende Brücke, von der Stefan sagte, sie wurde erst nach der Flut von 1999 gebaut, aber, wie so oft, hatte die Baufirma wohl Geld unterschlagen, anstatt es zu verbauen, und nun sackt bei jedem heftigen Regen eine Seite tiefer nach unten. Aber es ist interessant zu sehen, wie die spielenden Kinder von der Brücke in den Fluß springen, dort wo vor ein paar Wochen alles noch trocken war.
Dann hieß es für mich, die letzten Sachen zusammenzupacken, und mit Liesje noch mein Abschiedsessen in der Kantine einzunehmen. Tom hatte sich schon vorher auf den Weg nach Da Nang gemacht. Nachdem ich meine Runde gemacht hatte, um mich von allen zu verabschieden, fuhr mich Hung mit dem Moped zur Hauptstraße. Es war sehr nett gemeint von ihm, daß er noch dablieb, um einen Bus in Richtung Phu Bai, zum Flughafen, für mich anzuhalten. Aber es war bedrückend zu sehen, wie keiner der Busse mit den ausländischen Touristen anhielt, wenn ein Vietnamese am Straßenrand winkte. Die einheimischen Busse waren schon überfüllt, so gab Hung mir schließlich die Hand und fuhr zurück. Er war gerade weg, als ein Bus für mich stoppte, vollgestopft mit Einheimischen, aber es fand sich dennoch ein komfortabler Platz für mich. Liesje erzählte, daß sie mitunter fast schon aus dem Fenster klettern mußte, um nicht erquetscht zu werden, aber so erging es mir nie.
Natürlich kam ich, wie es mir oft geschieht, viel zu früh am Flughafen an, so daß ich der erste war beim Einchecken. Aber auch die Zeit am Flughafen verging, und nach einem zweistündigen Flug landete das Propellerflugzeug, in dem vor allem Japaner saßen, in Saigon. Diana, die eine Stunde vorher aus Frankfurt eingetroffen war, hatte mich bereits gefunden, und wir konnten unser Wiedersehen feiern. Diana hätte sich das Land niemals so heiß vorgestellt, obwohl mir das Wetter nach so langer Zeit eher mild vorkam im Vergleich zum Sommer.
Wir fanden ein - fensterloses - Zimmer in einem der besseren Hotels der Pham Ngu Lao, danach machte ich Diana in einem Restaurant mit der vietnamesischen Küche und der Fischsauce nuoc mam bekannt, die angeblich Ausländern nicht immer schmecken soll, aber wir mögen sie beide.
28. September
In Saigon habe ich Diana die Innenstadt und den Fluß gezeigt und mit ihr das Überqueren dichtbefahrener Straßen geübt. Auf dem Programm standen dann ein Besuch im Wiedervereinigungspalast sowie im Kriegsmuseum. Im Palast wurde man durch die Zimmer geführt, und es stellte sich die Frage, mit welcher der beiden Seiten im Kriege unsere Führerin eigentlich sympathisierte, als sie uns durch all die Räume, die vom südvietnamesischen Präsidenten Diem benutzt wurden, führte, aber im sich an die Führung anschließenden Film wurden die Fronten wieder geradegerückt, als man uns den heldenhaften Kampf des vietnamesischen Volkes gegen die südvietnamesische Armee und die amerikanischen Aggressoren vorführte.
Das Kriegsmuseum hinterläßt wohl bei jedem Betrachter einen bleibenden Eindruck, vielleicht weniger die zusammengetragenen Panzer, Flugzeuge und Geschütze, die dichtgedrängt und seltsam wohlerhalten auf dem Hof standen, als vielmehr die vielen Fotos, die - hier endlich einmal - nicht bemüht waren, die edlen und gerechten Kämpfer zu porträtieren, sondern die Opfer von sinnloser und grausamer Gewalt sowie die Spätfolgen des Krieges drastisch und schockierend dokumentierten, so daß man fast die Einseitigkeit der Darstellung vergaß, denn vietnamesische Greuel blieben ausgeblendet.
Am Abend dann fuhr bereits unser halbleerer Bus nach Nha Trang, denn wir wollen relativ schnell nach Norden, bis nach Hue, reisen, um uns dann gemütlich wieder auf den Weg zurück nach Ho-Chi-Minh-Stadt zu machen.
29. September
Diana meinte, wir wären in der Nacht fast mit dem Bus umgekippt und alle gestorben, aber da muß ich gerade geschlafen haben. Ich weiß nur, daß ich während meines Schlafes immer wieder meine Lage stabilisieren mußte, um bei den Fahrmanövern nicht von meinen beiden Sitzen, über die ich mich mit angewinkelten Beinen gelegt hatte, zu rutschen.
Die rasante Fahrt bewirkte, daß wir bereits um 4 Uhr früh in Nha Trang ankamen. Das Hotel, in dem man uns abzuladen trachtete, sagte mir aber nicht recht zu, so daß wir uns zu Fuß mit unseren Taschen auf den Weg machten, um ein anderes zu finden, was um diese Uhrzeit nicht einfach war, denn um diese Zeit schlafen selbst die Vietnamesen noch und alle Hoteleingänge waren verbarrikadiert.
Also erlebten wir den anbrechenden Tag am Strand, wo allmählich immer mehr Einheimische zusammenkamen, um in der Kühle des Morgens ihren Körperübungen nachzugehen.
Schließlich fanden wir doch ein Hotel für uns, ganz nah am Strand.
Mit Diana lief ich dann wieder zur großen Buddha-Statue, und mit dem Cyclo fuhren wir zu den Cham-Türmen von Po Nagar. Bei dem Buddha wurden wir von einer lärmenden Kinderschar begleitet, die nicht von unserer Seite weichen wollte und erst, als wir gingen, sich auf die nächsten Ausländer stürzte. Unser geplanter Ausflug zum Ozeanographischen Institut von Alexandre Yersin, einem Schüler Louis Pasteurs, fiel unserem Schlafbedürfnis nach der langen Busfahrt zum Opfer, aber wir rafften uns dann doch noch zumindest zu einem Strandbesuch auf.
30. September
Ein bißchen wie ein deja-vù: Was ich mit Diana unternehme, ähnelt fast dem, was ich mit Tom schon einmal in unserer ersten Woche unternommen hatte. Heute also wieder die Bootstour zu einigen Inseln, nur diesmal mit einem anderen Anbieter.
Wir hätten als Alternative auch eine Tour nach "Monkey Island" unternehmen können, wo man laut Prospekt wilde (!) Affen füttern kann und sich ein ganzer Tierzirkus darum etabliert hat, aber ich glaube, beim Anblick dieser Tierquälerei hätte sich mein Endruck vom Lande rapide verschlechtert.
Interessanterweise spielte es kaum eine Rolle, mit welchem Anbieter man zu den Inseln vor der Küste fuhr, denn bis hinunter zum Text der Ansagen unterschied sich das Programm nur in Nuancen von meiner letzten Tour. Leider war das Wasser nicht mehr ganz so klar, so daß sich das Schnorcheln nicht so recht lohnte. Aber das Baden machte trotzdem Spaß, und beim zweiten Schwimmen, an der Floating Bar, kam mir das Wasser zum ersten Mal in Vietnam ein klein wenig kalt vor.
Beim Fischerdorf ließ ich mich, ganz der Tourist, im Bambuskorb über das Meer rudern und kam mir reichlich seltsam vor, da die Männer faul im Korb saßen, während die Frauen ruderten. Schließlich sahen wir uns noch die Fischfarmen an, in denen Krabben, Fische und Tintenfische in kleinen Becken gehalten wurden. Das Meer war voller bunter, meist schwarz-gelber Fische, als man die Reste vom Essen biologisch über Deck entsorgte.
Am Abend wollten wir uns eigentlich noch mit Tom treffen, der ebenfalls in Nha Trang weilte, aber ungünstige Umstände verketteten sich, und wir haben ihn verpaßt.
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